Blick ins Depot
In jedem Quartal wird aus dem Depot des Niederrheinischen Museums ein Objekt, seine Bedeutung und seine Geschichte vorgestellt, denn bekanntlich gibt es immer wieder Sehenswertes, das nur selten das Licht der Ausstellungen erblickt.
Bei unserem kleinformatigen Kupferstich handelt es sich um ein sogenanntes Schluckbildchen aus dem 18. Jahrhundert. Auf einem 9,1 x 6,9 cm großen Blatt sind vier kleine Abbildungen der Kevelaerer Maria angeordnet. Unterhalb jeden Bildes ist der Schriftzug H. Maria tot Kevelaer zu lesen. Die Signatur des Kupferstechers Cornelius de Boudt (1687–1730) ist rechts unten auf dem Blatt vermerkt.
Auf den ersten Blick ähnelt unser Schluckbildchen einem kleinen Andachtsbild. Doch in seiner Funktion gehört es vielmehr in den Bereich der geistlichen Volksmedizin. Verziert mit bekannten Gnadenbildern von Wallfahrtsorten, wie hier dem Kevelaerer Gnadenbild, sagte man geweihten Schluckbildchen in früheren Zeiten eine gewisse Heilkraft nach. Bis in die 1970er Jahre wurden sie noch an bestimmten Wallfahrtsorten verkauft. Anfänglich wurden sie als Fieberzettel bezeichnet und mit Genesungswünschen oder Bibelversen handschriftlich beschrieben. Die ersten dieser Art können bis in die Antike zurückverfolgt werden. Später wurden sie durch Heiligenbilder ersetzt und reihenweise im Briefmarkenformat auf Papierbögen gedruckt, sodass der Heilsuchende je nach Bedarf Bildchen abtrennen konnte.
Wie der Name „Schluck“bildchen oder auch „Ess“zettel bereits ausdrückt, waren diese Bilder nicht nur zum Betrachten, sondern in erster Linie zum Verzehr gedacht. Sie wurden in Wasser eingeweicht oder dem Essen untergemischt. Durch das Einnehmen von Schluckbildchen hoffte der Gläubige, dass die Heilkraft des Heiligen in die kranke Person übergehe und zur Genesung oder zur Linderung der Schmerzen führe. Diese geistliche Medizin war nicht nur den Menschen vorbehalten, auch die von Krankheit geplagten Tiere kamen in den Genuss dieser kleinen Bildchen.